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22. September 2016 | Wahlen

Wahlkartenbestellung ist nur höchstpersönlich möglich

Wer selbständig keine Wahlkarte beantragen kann, darf nicht per Brief wählen. Die Medien verzerren dies. Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer erklärt im NFZ-Gespräch die Hintergründe.

NFZ: Herr Dr. Böhmdorfer, die Briefwahl steht nur jenen offen, die auch selbständig eine Wahlkarte beantragen können. Das hat der Verfassungsgerichtshof klargestellt. Medien machen daraus eine angebliche FPÖ-Forderung, Behinderten das Wahlrecht abzuerkennen. Wie ist die juristische Sachlage?

Böhmdorfer: Es geht um Personen, die – aus welchen Gründen auch immer – nicht in der Lage sind, eine Wahlkarte persönlich zu beantragen. Das wird manchmal fälschlicherweise so transportiert, als ob man diesen Personen generell das Wahlrecht nehmen würde. Das stimmt einfach nicht.

NFZ: Wie ist das konkret formuliert?

Böhmdorfer: Der VfGH führt wörtlich aus: „Das Wahlrecht schließt als höchstpersönliches Recht jedenfalls die Wahl durch Stellvertreter aus. Die Beantragung der Wahlkarte und die Abgabe der eidesstättigen Erklärung bilden untrennbare Bestandteile des Wahlvorganges und sind deshalb ebenfalls zwingend durch den Wahlberechtigten selbst vorzunehmen.“ Damit wird klargestellt, dass nur der Wähler selbst die Wahlentscheidung treffen kann, aber eben auch, dass Teil des Wahlvorgangs schon die allfällige Beantragung einer Wahlkarte ist. Hintergrund ist, jedenfalls zu verhindern, dass das Stimmrecht eines Wählers von Dritten ausgeübt wird. Dennoch können aber Menschen, die keine Wahlkarte beantragen können, selbstverständlich wählen, etwa direkt im Wahllokal oder auch vor fliegenden Wahlkommissionen.

NFZ: Wie sieht es mit besachwalteten Personen aus?

Böhmdorfer: In Österreich gibt es keinen Ausschluss von besachwalteten Personen. Aber wählen kann nur, wer selbst auch den Willen dazu artikulieren kann. Personen mit körperlichen Gebrechen haben die Möglichkeit, eine Wahlhilfe in Anspruch zu nehmen.

NFZ: Es gibt jetzt wieder die Diskussion, dass der VfGH falsch entschieden habe, weil ja keine Manipulation nachgewiesen wurde.

Böhmdorfer: Aus allen juristischen Lehrbüchern zu Entscheidungen des VfGH zum österreichischen Wahlrecht geht hervor, dass die Möglichkeit der Manpiulation das Wesentliche ist. Wer heute etwas anderes behauptet, der sagt, dass die Gerichte nicht interpretieren dürfen. Das ist ja geradezu grotesk. Es wird seit 90 Jahren so judiziert, wie es der VfGH in diesem Fall getan hat.

NFZ 22.09.2016


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