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14. März 2022 | FPÖ, Innenpolitik

„Es braucht auch keine Modifizierung der Neutralität“

FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl kritisiert im NFZ-Interview den leichtfertigen Umgang mit Österreichs Neutralität in den Reihen der ÖVP und der Neos.

FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl kritisiert im NFZ-Interview den leichtfertigen Umgang mit Österreichs Neutralität in den Reihen der ÖVP und der Neos.

Foto: FPÖ

„Als neutraler Staat konnte Österreich in den letzten Jahrzehnten in vielen Konflikten als Vermittler auftreten oder war Schauplatz für Verhandlungen zwischen Konfliktpartien“, erinnerte Kickl an die Zeiten „aktiver Neutralitätspolitik“.

Herr Bundesparteiobmann, im Gefolge der Ukraine-Krise ist eine Debatte über die Sinnhaftigkeit der Neutralität entbrannt. Können Sie bitte noch einmal den Standpunkt der FPÖ dazu klarstellen?

Kickl: Die FPÖ bekennt sich zur umfassenden Neutralität – ohne Wenn und Aber. Die Neutralität hat Österreich nach den Wirren des Zweiten Weltkriegs die Chance gegeben, neu durchzustarten, ohne zwischen die Fronten von Ost und West zu geraten. Sie ist ein hohes Gut, das auch von anderen Staaten akzeptiert wird. Als neutraler Staat konnte Österreich in den letzten Jahrzehnten in vielen Konflikten als Vermittler auftreten oder war Schauplatz für Verhandlungen.

Bundeskanzler Nehammer hat zwischen der militärischen und der politischen Neutralität differenziert und so seine Verurteilung Russlands und die Teilnahme Österreichs an den Sanktionen der EU gerechtfertigt. Kann man die Neutralität politisch so zurecht tranchieren?

Kickl: Es ist ein gefährliches Spiel, auf das sich unsere Bundesregierung hier einlässt. Der Kanzler war von Beginn an ein Hardliner in Sachen Sanktionen. Aber schauen wir zurück. Nach der Annexion der Krim im Jahr 2014 wurden ebenfalls Sanktionen beschlossen. Das Wifo hat 2017 im Auftrag der EU die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Sanktionen berechnet. Unterm Strich hat die europäische Wirtschaft 30 Milliarden Euro dadurch verloren – Österreich war davon mit einer Milliarde Euro betroffen. Und politisch haben die Sanktionen nichts geändert.

In der ÖVP scheint es – wenn man den Herrn Khol, Karas und Ofenauer zuhört – nur noch eine Frage der Zeit zu sein, wann Österreich der Nato beitreten wird. Ihr Argument: Auch der Ukraine hat der Status einer Quasi-Neutralität nichts genützt, und sie steht jetzt hilflos der russischen Aggression gegenüber.

Kickl: Die ÖVP ist in dieser Frage sehr kreativ – aber nicht im positiven Sinne. Andreas Khol ist so etwas wie der „Tauchsieder“ der Volkspartei. Er wird immer mit neuen Ideen vorausgeschickt, um zu schauen, wie warm das Wasser gerade ist. In der Frage der NATO hat die ÖVP aber schnell erkannt, dass diese Richtung in Österreich keine Mehrheit haben wird. Der Beitritt zu einem Militärbündnis ist schon durch die Österreichische Bundesverfassung nicht möglich – und das ist gut so. Die Lage in der Ukraine ist auch nicht mit jener Österreichs vergleichbar.

Eine andere Schutzmacht wollen die Neos ausgemacht haben, die EU. Sie wollen die Verteidigungspolitik der Mitgliedsstaaten in Brüssel koordiniert wissen und Österreich als Mitglied. Eine Alternative zur Nato auch für die FPÖ, nachdem man zur Teilnahme an der Gemeinsamen Außenpolitik der EU die Neutralität modifiziert hat?

Kickl: Die Neos galoppieren traditionell immer in dieselbe Richtung: Vereinigte Staaten von Europa, eine vereinigte EU-Armee. Den Neos ist die Neutralität Österreichs und die Eigenständigkeit unseres Landes ein Dorn im Auge. Das ist aber nicht unsere Linie. Es braucht auch keine Modifizierung der Neutralität. Sie bietet Österreich ausreichend Spielraum auf dem politischen Parkett und stellt gleichzeitig sicher, dass unser Land in keinerlei militärische Auseinandersetzung eingreifen wird.

Ein Aspekt der immerwährenden Neutralität ist die Bereitschaft, diese militärisch zu verteidigen. Hat Österreich in Bezug auf die Ausstattung des Bundesheeres de facto nicht schon längst die Neutralität über den budgetären Sparstift entsorgt?

Kickl: Es ist ein Fakt, dass das Österreichische Bundesheer die umfassende Landesverteidigung derzeit bei Weitem nicht erbringen kann. Schwarze und rote Verteidigungsminister haben es kaputtgespart. Jetzt gibt es anscheinend eine Trendwende – zumindest spricht auch die ÖVP mittlerweile von einer Erhöhung des Heeresbudgets auf ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Aber die ÖVP hat auch in den damaligen Regierungsverhandlungen mit der FPÖ einer Erhöhung des Heeresbudgets zugestimmt und hat dann die Mittel dafür blockiert. Jetzt gibt es zumindest einen Allparteien-Antrag im Nationalen Sicherheitsrat, in dem dieses eine Prozent festgeschrieben ist. Die FPÖ wird jedenfalls darauf schauen, dass die ÖVP hier nicht wieder ihr Wort bricht.


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