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16. April 2020 | Parlament, Gesundheit

Europaweite Corona-Überwachung via „App“

Verpflichtende Installation nach ÖVP-Vorstößen vorerst vom Tisch, doch Datenschützer warnen.

Europaweite Corona-Überwachung via „App“ - Verpflichtende Installation nach ÖVP-Vorstößen vorerst vom Tisch, doch Datenschützer warnen.

Foto: Susanne Fürst

Österreichs Regierung setzt bei der Bekämpfung der Corona-Krise auf den Einsatz einer Mobilfunk-„App“, die sämtliche physischen Kontakte speichern und die Nutzer warnen soll, wenn einer dieser Kontakte mit Corona infiziert ist oder als Verdachtsfall gilt. Die EU will eine einheitliche Lösung, Datenschützer sind beunruhigt.

Idee aus Südkorea, wo viel mehr getestet wird

Die Idee kommt aus Südkorea. Dort sei der Einsatz einer Applikation auf Mobiltelefonen ein wesentlicher Baustein bei der raschen Überwindung der Corona-Epidemie gewesen. Allerdings: Die Installation erfolgte freiwillig, und die Warnungen waren aufgrund enorm vieler Corona-Tests aussagekräftig. Alleine im März testeten die Asiaten knapp 400.000 Personen. Davon ist Österreich weit entfernt.

Bei uns trotz zu wenig Tests "App"-Pflicht gefordert

Dafür forderte die ÖVP hierzulande sogar eine Pflicht, sich über das Smartphone oder einen Schlüsselanhänger auf Schritt und Tritt verfolgen zu lassen. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka brachte die App-Pflicht am 4. April aufs Tapet, Bundeskanzler Sebastian Kurz sprang noch am gleichen Tag auf. Erst nach lautem Protest, der maßgeblich von den Freiheitlichen getragen wurde, ruderte die Regierungspartei zurück und betonte die Freiwilligkeit.

Zu viele offene Fragen unbeantwortet

Doch dass die Regierung sich eine möglichst hohe Verbreitung des offiziell vom Roten Kreuz angebotenen Programms wünscht, daran herrscht weiter kein Zweifel. Nicht umsonst lud am Donnerstag vergangener Woche Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sogar zu einem Expertenhearing ins Parlament. Dieses brachte jedoch wenige Ergebnisse. Vor allem rechtliche Frage blieben unbeantwortet: Muss man sich nach einer App-Warnung in Selbstisolation begeben? Was, wenn der Arbeitgeber dabei nicht mitspielt? Was, wenn jemand eine Corona-Infektion oder eine Warnung bewusst verschweigt? Was, wenn Betriebe Mitarbeitern oder Kunden den Zutritt verweigern, wenn sie die App nicht nutzen?

Nur erster, harmloser Baustein?

FPÖ-Verfassungssprecherin Susanne Fürst stellte dazu parlamentarische Anfragen an gleich vier Regierungsmitglieder. Trotz aller Datenschutz-Versicherungen ist für sie weiter Wachsamkeit nötig, „weil die Funktionen der 'App' in Zukunft ausgebaut werden könnten und es sich bei der gegenwärtigen Gestaltung nur um einen ersten Baustein im scheinbar harmlosen Kleid handeln könnte“.

Besorgt zeigte sich auch der in Berlin ansässige „Chaos Computer Club“ (CCC), eine Vereinigung von Hackern, die sich regelmäßig zu Fragen der Datensicherheit äußert und das Konzept der „Corona-App“ wörtlich als „Risikotechnologie“ bezeichnete.

EU will "Apps" zusammenführen

Ungeachtet dessen treibt nun auch die Europäische Union das Projekt der Überwachung via App voran und pocht auf einen einheitlichen technischen Standard namens „Pan European Privacy Protecting Proximity Tracing“ (PEPP-PT). Dadurch sollen die Anwendungen in den Mitgliedsstaaten miteinander kompatibel gemacht werden. Deutschlands Außenminister Heiko Maas (SPD) versuchte am Dienstag, den Bürgern diese EU-weite Überwachung mit Blick auf eine mögliche Lockerung der Reisebeschränkungen schmackhaft zu machen. Auch hier wird also der Gegensatz „Gesundheit ODER Freiheit“ konstruiert, der in einem demokratischen Rechtsstaat eigentlich niemals bestehen dürfte.


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