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25. Februar 2017

HC Strache: „Stellt die FPÖ den Kanzler, dann heißt dieser Strache"

Der FPÖ-Obmann stellt im "Standard"-Interview klar: Nach der nächsten Wahl möchte er Bundeskanzler von Österreich sein.

Der FPÖ-Obmann HC Strache im "Standard"-Interview über eine mögliche Regierungsbeteiligung, wirtschaftliche Wunschlisten sowie "Fake News".

STANDARD: Sie waren diese Woche beim Bundespräsidenten zum Gespräch. Haben Sie ihn überreden können, dass er Sie doch als Bundeskanzler angeloben würde?

HC Strache: Das war kein Thema. Ich hatte mit Alexander Van der Bellen immer schon ein freundliches Gesprächsklima, und sowohl er als auch ich wissen, dass in Wahlkämpfen vieles gesagt wird, was überspitzt ist.

STANDARD: Haben Sie sich gar für etwas entschuldigt?

HC Strache: Nein, aber ich habe festgehalten, dass wir sehr wohl Respekt vor dem Amt haben. Deshalb war es mir wichtig, ihm gegenüber jene Fake-News zu widerlegen, die manche Medien verbreitet haben: Die Freiheitlichen haben bei Van der Bellens Angelobung sehr wohl applaudiert. 

STANDARD: Nur sehr kurz.

HC Strache: Nein, eine Minute lang, wie es respektvoll und angemessen ist, aber eben nicht sieben Minuten. Wir sind nicht in Nordkorea, wo man auf Dauer-Standing-Ovations-Applaus schalten muss.

STANDARD: Sie haben einmal gesagt, die FPÖ werde kein zweites Mal in einer Koalition zugunsten des Juniorpartners auf den Kanzler verzichten. Heißt das auch, dass es auf jeden Fall Sie persönlich sein werden, der das Amt übernimmt?

HC Strache: So ist es. Stellt die FPÖ den Bundeskanzler, dann heißt dieser Heinz-Christian Strache. 

STANDARD: Ein potenzieller Koalitionspartner, die SPÖ, liebäugelt offen mit Grünen und Neos. Sind Sie enttäuscht, wo doch SPÖ-Chef Christian Kern beim Radioauftritt im Herbst so nett zu Ihnen war?

HC Strache: Manchmal habe ich den Eindruck, Journalisten leben in einem Paralleluniversum. Das Gespräch mit Kern wird völlig überbewertet. Wir sind normal miteinander umgegangen, ohne uns zu beflegeln – mehr nicht. Dass Rot-Grün-Neos immer die Wunschvorstellung von Kern und seiner Berater war, liegt auf der Hand. Für mich bleibt er ein Kanzler, der sich keiner demokratischen Bürgerwahl gestellt hat und linke Positionen vertritt, die ich ablehne – etwa die Erbschafts-, Vermögens- und Maschinensteuer.

STANDARD: Die letzte blaue Regierungszeit beschäftigt die Politik immer noch. Geben Sie jetzt, wo Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil Einsicht in die Anzeige gegen den Hersteller des Eurofighters gewähren will, grünes Licht für einen Untersuchungsausschuss?

HC Strache: Grundsätzlich sind wir immer für Aufklärung.

STANDARD: Warum bremsen Sie dann?

HC Strache: Ich bremse nicht – auch da wundere ich mich über Fehlinterpretationen in den Medien. Die FPÖ ist für U-Ausschüsse, sofern genug Substanz da ist. Die Frage ist: Was hat Doskozil in die Anzeige geschrieben? Laut seiner Auskunft stammen die neuen Hinweise vom Grünen Peter Pilz. Deshalb fordere ich: Doskozil und Pilz müssen aufhören zu vertuschen und die Informationen offenlegen.

STANDARD: Das soll ja jetzt im nationalen Sicherheitsrat passieren.

HC Strache: Das werden wir erst sehen. Für einen U-Ausschuss brauche ich Futter. Doch Journalisten, die angeblich Einsicht in die Anzeige hatten, sagen: Da ist nichts Neues. In dem Fall wäre es besser, die Ermittlungen der Staatsanwälte abzuwarten, ob neue Fakten bekannt werden. Für eine Ego-Show des Peter Pilz bin ich nicht zu haben, das wäre das Schlechteste für jede seriöse Aufklärung.

STANDARD: Vielleicht haben Sie aber auch Sorge, dass Leichen aus schwarz-blauer Zeit auftauchen.

HC Strache: Keineswegs. Ich bin froh über jede Aufklärung zu den Eurofightern, die ein zentraler Grund waren, warum sich die FPÖ damals gespalten hat. Alle, die unter Verdacht stehen, sind heute geschlossen beim BZÖ. 

STANDARD: Noch ein Rückblick in schwarz-blaue Zeiten: Damals hat der kleine Mann, den die FPÖ so gerne beschwört, für das Ziel des Nulldefizits massive Belastungen geerntet. Warum sollen die Menschen glauben, dass es dieses Mal anders wird, wenn die FPÖ regiert?

HC Strache: Weil die FPÖ unter meiner Obmannschaft heute eine völlig andere Partei ist. In ein paar Wochen präsentieren wir ein Wirtschafts- und Arbeitsmarktkonzept für das Jahr 2017, aber nicht unter klassenkämpferischen Vorzeichen, wie sie die Linken setzen. Wir gehen die realpolitischen Probleme an, von der Rekordarbeitslosigkeit über die extreme Steuerlast bis zu den Wettbewerbsnachteilen, unter denen Unternehmen etwa durch den hohen Strompreis leiden.

STANDARD: Wollen Sie etwas rückgängig machen, was die FPÖ einst mitbeschlossen hat?

HC Strache: Wir wollen die Gruppenbesteuerung mit einer Einschleifregelung schrittweise abschaffen. Dieser Steuervorteil für Konzerne war berechtigt, um neue Unternehmensstandorte zu schaffen, doch wir waren immer für eine zeitliche Begrenzung.

STANDARD: Auch heute noch verstecken sich hinter der Kleine-Mann-Rhetorik der FPÖ doch immer wieder neoliberalen Forderungen.

HC Strache: Wo sehen Sie die?

STANDARD: Der blaue Wirtschaftsflügel fordert zum Beispiel, von den Kollektivverträgen abzugehen.

HC Strache: Parteilinie ist das nicht. Es ist das gute Recht von Wirtschaftsvertretern, alte Regelungen zu hinterfragen. Aber in unserem neuen Wirtschaftskonzept wird diese Forderung nicht stehen.

STANDARD: Sie fordern massive Steuersenkungen, um die Abgabenquote von 44 auf 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu senken, und eine stärkere Budgetkonsolidierung. Das würde den Sozialstaat aushöhlen: All die sozialen Goodies, die Sie Wählern verheißen, wären nie finanzierbar.

HC Strache: Das Gegenteil ist der Fall. Es ist die Regierungspolitik, die den Sozialstaat kaputtmacht: Die Sozialausgaben explodieren, weil es massiven Missbrauch gibt. So wie das Werkel läuft, muss es zusammenbrechen. Wir haben die verdammte Verantwortung, auch mit nicht-österreichischen Ökonomen das Budget zu durchleuchten, und wir müssen die Abgabenquote runterbringen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu retten.

STANDARD: Wie wollen Sie diese Steuersenkung denn finanzieren?

HC Strache: Wenn sich Leistung wieder lohnt und die Fleißigen im Land nicht permanent geschröpft werden, wird viel aus der Schwarzwirtschaft in den legalen Wirtschaftskreislauf zurückfließen. Gleichzeitig muss ernst genommen werden, was seit Jahren alle Experten predigen: Wird der Förderdschungel durchforstet und eine Verwaltungsreform durchgezogen, kann der Staat mittel- bis langfristig pro Jahr zwölf Milliarden Euro einsparen, ohne die Leistungen zu reduzieren.

STANDARD: Diese Erwartung ist doch völlig überzogen.

HC Strache: Nein. Fragen Sie zum Beispiel einmal Ex-SPÖ-Finanzminister Hannes Androsch!

STANDARD: Sie waren bei der Inauguration von US-Präsident Donald Trump. Kann sich die FPÖ von ihm etwas abschauen?

HC Strache: Es ist eher umgekehrt: Wenn ich den Slogan "America first" hernehme, dann dürften die Amerikaner "Österreich zuerst" abgeschrieben haben.

STANDARD: Noch eine Ähnlichkeit gibt es. Sie beklagen sich ständig über die Medien, auch in diesem Gespräch schon mehrfach. Warum diese Opferrolle?

Strache: Ich nehme keine Opferrolle ein. Ich bewerte nur die Berichterstattung – und da sehe ich schon krasse Verfehlungen. Journalisten müssen damit leben, dass sie bewertet werden wie Politiker auch. Wichtig ist, dass man die Größe hat, Fehler einzugestehen. 

STANDARD: Die FPÖ produziert doch selbst Fake-News. Sie haben eben 12.000 Euro zahlen müssen, weil Sie Staatssekretärin Muna Duzdar von der SPÖ in die Nähe von Terroristen gerückt haben.

HC Strache: Bei aller Wertschätzung: Eine ehemalige Terroristin wurde nach Wien eingeladen, und das ist ein Skandal. Ich habe mir lediglich erlaubt, einen Zeitungsartikel zu zitieren, und das nicht einmal explizit. Ich halte das Urteil für hinterfragenswert, führe hier aber keine Rechtsdebatte.

STANDARD: Wir interessieren uns eh mehr für das politische Motiv dahinter, denn es handelt sich um keinen Einzelfall. Die FPÖ musste unlängst auch widerrufen, dass die mittlerweile abgetretene Wiener Stadträtin Sonja Wehsely eine Weisung erteilt habe, Ausländern ohne Überprüfung die Mindestsicherung gewährt zu haben.

HC Strache: Mittlerweile hat ein Rechnungshofbericht bei der Mindestsicherung in Wien alle möglichen Missstände aufgedeckt.

STANDARD: Das heißt nicht, dass Wehsely eine Weisung gegeben hat.

HC Strache: Wir haben nur die Aussage eines Informanten wiedergegeben, auf den auch der Rechnungshof zurückgegriffen hat. Ich könnte Ihnen nun eine Liste vorlegen, wer aller gegen mich Prozesse verloren hat. Das ist das tagtägliche Spannungsfeld in der Politik. Wenn man kontrolliert, ist man immer auf einer Gratwanderung. Da können Fehler passieren.

STANDARD: Geht es der FPÖ nicht vielmehr um gezielte Stimmungsmache? Auf Facebook haben Sie einen Text Ihres Generalsekretärs Herbert Kickl verlinkt. "In Frankreich brennen die Städte", heißt es da, angezündet von "randalierenden Migrantenhorden".

HC Strache: In 20 französischen Städten gibt es Ausschreitungen, da werden Geschäfte zerstört, Autos angezündet, das sind fast bürgerkriegsähnliche Szenarien. Bei uns in der breiten Medienlandschaft ist das eher eine Randnotiz. Das stimmt einen nachdenklich.

STANDARD: Die Medien berichteten sehr wohl – nur eben nicht über "brennende Städte", weil das eine unglaubliche Aufbauschung wäre.

HC Strache: Schauen Sie sich die Bilder an!

STANDARD: Den Auslöser, ein mutmaßlicher Akt der Polizeigewalt, erwähnt Kickl nicht.

HC Strache: In Beiträgen, die ich auf meiner Facebookseite poste, wird darauf sehr wohl eingegangen. Es geht nicht um Dramatisierung, sondern um Medienfreiheit. Viele Bürger fragen sich, warum gewisse Vorfälle in unserer Medienlandschaft kleingehalten werden. Die neuen Formen der Kommunikation sind deshalb so beliebt, weil es dort Meinungsvielfalt gibt.

STANDARD: Oder weil sich die Leute dort auskotzen können – und von der FPÖ aufgestachelt werden.

HC Strache: So sehe ich das nicht. Wie in jeder anderen Redaktion passieren auch bei mir Fehler. Aber in der Regel überwiegend gibt es eine korrekte Berichterstattung.

STANDARD: Sie versuchen sich in Worten vom Rechtsextremismus abzugrenzen ...

HC Strache: ... auch in Taten.

STANDARD: Warum trat Kickl dann vor wenigen Monaten in Linz bei einem Kongress auf, dessen Veranstaltern der Verfassungsschutz "äußerst fremdenfeindliche, antisemitische Tendenzen" attestiert?

HC Strache: Hat der Verfassungsschutz das gemacht? Ich weiß nur, dass die Bewertung im Auftrag des Landes Oberösterreich kein Gefährdungspotenzial ausgewiesen hat. Kickl hat nur ein Referat gehalten, und einer Diskussion sollte man sich immer stellen. Wir diskutieren ja auch mit den Grünen, mit Linksparteien, treten im Europaparlament auf.

STANDARD: Zwischen dem EU-Parlament und einem rechtsextremen Event gibt es Unterschiede.

HC Strache: Ein Referat ist ein Referat. Es ist zu bewerten, welche Position der Referent vertritt. 


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