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16. März 2018 | Europäische Union

Junckers „rechte Hand“ ist jetzt mächtigster Bürokrat der EU

EU-Kommissionspräsident bringt mit „Geheimentscheidung“ für Martin Selmayr das Europaparlament gegen sich auf.

EU-Kommissionspräsident beförderte in einer geheimen "Ho-Ruck"-Aktion seine rechte Hand, Martin Selmayr, zum EU-Generalsekretär und zog sich damit auch innerhalb der EU viel Unmut zu.

EU-Kommission

Im Europaparlament ist die umstrittene Ernennung des Deutschen Martin Selmayr zum neuen Generalsekretär der EU-Kommission fraktionsübergreifend auf scharfe Kritik gestoßen. Völlig ungewohnt wird Kommissionspräsident Juncker „Vetternwirtschaft“, „Geheimbürokratie“ und „unangemessene Machtübernahme“ vorgeworfen.

Keine Hemmungen beim Ausbau der Hausmacht

Beim Ausbau seiner Hausmacht scheint Jean-Claude Juncker keine Hemmungen mehr zu haben. Aber mit der Ernennung seines Kabinettschefs Martin Selmayr zum Chef über das gesamte Brüsseler Beamtenheer scheint er sich jetzt doch überhoben zu haben.

Die Abgeordneten, selbst Deutsche aus allen Fraktionen, warfen dem EU-Kommissionspräsidenten vor, seinen engsten Vertrauten Selmayr eigenmächtig in einem Hauruck-Verfahren auf diesen machtvollen Schlüsselposten gehievt zu haben.

Vilimsky: "Geheimniskrämerei und taktische Winkelzüge"

Selmayr war am 21. Februar zunächst zum stellvertretenden Generalsekretär der EU-Kommission und wenige Minuten später in derselben Sitzung zum Generalsekretär befördert worden. „Das ganze Procedere ist überschattet von Geheimniskrämerei und taktischen Winkelzügen“, kritisierte der freiheitliche Delegationsleiter im EU-Parlament, Harald Vilimsky, diese Personalentscheidung. So hatte sich der bisherige Generalsekretär Alexander Italianer angeblich erst während der Sitzung entschlossen, in Ruhestand zu gehen – und damit den Weg für Selmayr als Nachfolger freizumachen.

Für Vilimsky ein Schachzug Junckers, mit dem er die 27 Kommissare vor vollendete Tatsachen stellte. So bestätigte Sozialkommissarin Marianne Thyssen gegenüber dem Portal „Politico“, dass sie über diese Personalentscheidung gar nicht informiert gewesen sei.

Mitbewerber zogen sich zurück

Andere Bewerber für den Posten des Vize-Generalsekretärs hatten sich zurückgezogen, eine davon soll nach Medienberichten Selmayrs Stellvertreterin gewesen sein. Zudem habe es Juncker verabsäumt, so der nächste Vorwurf, den Personalausschuss der EU-Kommission zu informieren.

Der Brexit-Befürworter Nigel Farage bezeichnete Junckers rechte Hand Selmayr als „einen EU-Fanatiker, der jetzt der mächtigste Bürokrat der Welt“ sei. Seine Beförderung sei letztendlich ein Produkt von Vetternwirtschaft: „Ein Glück, dass das Vereinigte Königreich die EU verlässt.“

Nachhaltige Selbstbeschädigung der EU

Für Vilismky ist diese „Turbo-Beförderung“ Selmayrs ein weiterer Beleg dafür, wie die EU-Kommission – und dabei allen voran der Kommissionspräsident selbst – das Vertrauen in die EU-Institutionen nachhaltig beschädige. Deshalb forderte er den Rücktritt Selmayrs und eine Neuausschreibung des Postens. Ins selbe Horn stieß die Niederländerin Sophia in’t Veld: „Die Kommission muss sich entscheiden – was ist wichtiger: die Karriere von Martin Selmayr oder ihre eigene Glaubwürdigkeit.“

Die Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses, Ingeborg Grässle (CDU), kündigte an, das Gremium werde den Vorgang in der kommenden Woche überprüfen und dazu Stellung nehmen.

Der 47-jährige Jurist Martin Selmayr legte auf dem Brüsseler Parkett eine Blitzkarriere hin. Er kam 2004 nach Brüssel, war erst Pressesprecher, dann Wahlkampfmanager und danach bereits Kabinettschef von Juncker.


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