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23. August 2019 | FPÖ, Justiz, Wahlen

Seltsame Ermittlungen in Wahlkampfzeiten

Wird das „Ibiza-Video“ durch die verzögerten Ermittlungen der Justiz erneut zur Beeinflussung einer Wahl herangezogen?

Wird das „Ibiza-Video“ durch die verzögerten Ermittlungen der Justiz erneut zur Beeinflussung einer Wahl herangezogen?

Foto: Andreas Ruttinger

Drei Monate sind seit der Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ vergangen. Die wundersamen Ermittlungsschritte und -methoden der Staatsanwaltschaft legen den Verdacht nahe, dass es Bestrebungen gibt, nach der Europawahl auch die Nationalratswahl im September mit dem Video zu beeinflussen, die Wähler zu manipulieren.

Drei Monate nach Auftauchen des ominösen „Ibiza-Videos“ hat die Justiz ihre Ermittlungsgangart verschärft. Nein, nicht die gesamte Justiz, nur die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Die zweite Behörde, die per Weisung der Oberstaatsanwaltschaft in die Aufklärung hineingezwängt wurde, die Staatsanwaltschaft Wien, geht das viel gemächlicher an.

Ermittlungen per Weisung

Ein bemerkenswerter Vorgang: Denn schon kurz nach der Veröffentlichung des Videos am Freitag, den 17. Mai, hatte der damalige Generalsekretär im Justizministerium, Christian Pilnacek, im „Kurier“ angekündigt, dass die Oberstaatsanwaltschaft mit einer Prüfung beauftragt wurde: „Es liegen vorerst nur Video-Ausschnitte vor, der Zusammenhang lässt sich nicht beurteilen.“ Der Zusammenhang, das sind konkrete Hinweise auf ein strafbares Verhalten. Die hatte die WKStA aber schon erblickt, in Hinblick auf eine Parteienfinanzierung über Vereine. Aber prompt folgte die erste Weisung, die laut „Standard“ ein bizarres Bild auf die Justiz wirft: Das sei vielleicht „der erste Akt in der Geschichte der Justiz, der mit einer Weisung beginnt“, zitiert die Zeitung einen erfahrenen Justizmitarbeiter.

Ungewöhnliche "Gewaltentrennung"

Zwei Tage später folgte eine „Klarstellung“ zur Weisung, nämlich die Aufsplittung der Ermittlungen: Die Staatsanwaltschaft Wien soll sich auf die Suche nach den Hintermännern und Auftraggebern des Videos machen, während die WKStA sich um die Inhalte des Videos, also potentielle Parteienfinanzierung, kümmern soll.

Während HC Strache und Johann Gudenus von der Staatsanwaltschaft und der „Soko Ibiza“ des Bundeskriminalamtes bereits im Juni getrennt voneinander jeweils vier Stunden lang über Details zur Affäre befragt worden sind, gibt es für die „Produzenten“ und den Auftrags-Vermittler noch nicht einmal einen Termin für ein Verhör zu der Causa.

Nur die FPÖ im Visier

„Jedem kritischen Beobachter ist mittlerweile aufgefallen, dass die Ermittlungen gegen die Hintermänner in der Ibiza-Causa durch eine höchst fragwürdige Vorgangsweise quasi eingestellt wurden, bevor sie noch richtig beginnen konnten“, wunderte sich FPÖ-Sicherheitssprecher Hans-Jörg Jenewein.

Effektiver agierte die WKStA hingegen auf eine anonyme Anzeige, die aus dem „Ibiza-Video“ den Verdacht des Postenschachers im Zusammenhang mit der Bestellung des Vorstands der Casinos Austria ableitete. Es gab Razzien bei HC Strache, Johann Gudenus, dem Glücksspielanbieter Novomatic und sogar in einem Bildungsinstitut der FPÖ Wien in Tirol sowie die Beschlagnahme von Mobiltelefonen.

Hausdurchsuchungen pünktlich zum Wahlkampf-Auftakt

Wobei der Zeitpunkt der Aktion einigermaßen pikant gewählt war: Die Anzeige war zwar schon im Juni eingelangt, die Razzien erfolgten Wochen später, zu Beginn des Wahlkampfes – und klar zum Nachteil der FPÖ.

Das fiel sogar dem „Aufdecker der Nation“, Peter Pilz, auf: „Es ist auffällig, dass die Soko Ibiza beim ÖVP-Schredderer Arno Melicharek auf die Sicherstellung des Handys vergessen hat, und bis heute sind die ÖVP-Server nicht nach Ibiza-Mails von Kurz und Blümel durchsucht worden. Am FPÖ-Auge sieht die Soko Ibiza scharf genug. Am ÖVP-Auge scheint das Sehvermögen getrübt.“

Kette an Ungereimtheiten bei der ÖVP

Die sieht übrigens hinter den Vorwürfen der Verwicklung in die „Ibiza-Affäre“ nichts anderes als eine „Schmutzkübel-Kampagne“, selbst wenn der Verdacht vom Justizminister in der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage zur „Schredder-Aktion“ der ÖVP kommt. „Diese Standard-Reaktion der ÖVP reicht hier alleine nicht aus“, stellt FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky klar.

Denn der Wahlkampf der ÖVP sei damit um eine Ungereimtheit reicher, attestiert der FPÖ-Generalsekretär: Segensgebet, E-Mail-Affäre, Prüfung von fünf ÖVP-nahen Vereinen durch die Justiz, ‚Schredder-Gate‘ und nun die Anfragebeantwortung des Justizministers. Vielleicht merkt das jetzt auch die Staatsanwaltschaft Wien.


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