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26. März 2020

Anschober gegen Ausweitung der Corona-Tests

Trotz gegenteiliger Empfehlung der WHO testet Österreich weiterhin nur Verdachtsfälle und medizinisches Personal

Foto: NFZ, Adrian Malec auf Pixabay

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt stark vom Corona-Virus betroffenen Ländern flächendeckende Tests zur Ermittlung der tatsächlichen Infektionen. Österreich will hingegen an seinem Verfahren festhalten und dieses, so die letzte Meldung, auf 15.000 Tests pro Tag erhöhen, wenn die Ressourcen dafür „vorhanden“ sind.

Die Anzahl der Coronavirus-Infektionen in Österreich wächst weiter – allerdings in geringerem Tempo. Der Zeitraum, in dem sich die Zahl der Infizierten verdopple, sei von 2,3 auf mehr als vier Tage gestiegen, erläuterte Clemens Auer vom Gesundheitsministerium vergangenen Montag in der „ZIB2“.

Dies hat aber die Kritik an der verhältnismäßigen niedrigen Zahl der getesteten Personen nicht zum Verstummen gebracht. Gesundheitsminister Rudolf Anschober hat der Forderung nach flächendeckenden Testungen prompt eine Absage erteilt, weil sie „aufgrund der Ressourcen nicht umsetzbar“ sei.

Beschränkung der Tests bleibt

Getestet werden also weiterhin nur Verdachtsfälle laut Falldefinition oder Entscheidung des niedergelassenen Arztes, aber vor allem alle Gesundheitsberufe. Im Laufe der vergangenen Woche wurde die Testkapazität von 1.000 bis 1.500 Testungen pro Tag in zehn Labors auf 2.000 bis 4.000 Tests pro Tag in 20 Labors verdoppelt.

Die Beschränkung stieß bei FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer auf Unverständnis: „Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt flächendeckende Tests. Nur wenn man weiß, wie viele Menschen tatsächlich das Virus in sich tragen und es damit auch weitergeben können, können die Bemühungen im Kampf gegen die weitere Verbreitung optimiert werden. Ich verstehe die ablehnende Haltung des Gesundheitsministers in dieser Frage absolut nicht.“

Fehlende Schutzausrüstung

FPÖ-Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak wies zudem darauf hin, dass es in jedem Bundesland eine andere Umsetzung der bundesweiten Richtlinie zur Corona-Austestung gebe. Er fordert den Gesundheitsminister auf, für eine einheitliche Umsetzung zu sorgen: „Denn sonst sind die vorliegenden Statistiken weder relevant, noch international vergleichbar.“

Zu einem immer drängenderen Problem wird die Infektion von Gesundheitspersonal mit dem Covid-19-Virus. Im Wiener Allgemeinen Krankenhaus (AKH) sind inzwischen bereits sechs Ärzte, neun Pfleger und ein weiterer Mitarbeiter selbst zu Patienten geworden.

Die fehlende Schutzausrüstung für das medizinische Personal hat so auch die Mitarbeiter des Salzburger Landeskrankenhauses in St. Veit (Pongau) auf die Barrikaden getrieben: Sie wehren sich gegen die Umwidmung dieses Spitals zum „Covid-Haus“. In der Kritik an Gesundheitsminister Anschobers Vorgehen wird von den Betroffenen damit argumentiert, dass es neben dem medizinischen Personal auch für Rettungskräfte viel zu wenig Schutzkleidung und technische Ausrüstung gebe. 

Dazu kämen mangelhafte Informationen durch die Behörden und fehlende Gesamtkoordination. Zudem würden Aufrufe, die Arztpraxen zu meiden, den Andrang in die Spitäler wegen Kleinigkeiten vergrößern und gar chronisch Kranke vom notwendigen Arztbesuch abhalten.

Widersprüchliche Information

Den Vogel abgeschossen haben aber die Patientenanwälte für Wien und Niederösterreich. Die kritisieren indirekt die vom Parlament erlassenen Schutzmaßnahmen und schieben andererseits den Ärzten den „Schwarzen Peter“ in Sachen mangelnder Schutzausrüstung zu: Die Ärztekammer hätte bereits angesichts des Corona-Ausbruchs Mitte Jänner in China ihre Mitglieder zu Vorkehrungen auffordern müssen, sprich, dem Kauf von Schutzmasken und Schutzbekleidung.

Dass viele Arztpraxen geschlossen sind, hängt nicht nur mit den verordneten Vorsichtsmaßnahmen zusammen, sondern in Wien auch mit massiven Engpässen bei der Lieferung von Hygienematerial.

Als Grundregel gilt: Wer einen Arzt braucht, soll sich bei diesem zuerst telefonisch melden. Kritik an Anschober üben die Freiheitlichen auch wegen dessen Informationspolitik. So haben die Koalitionsparteien einen Antrag der FPÖ auf Informationspflicht des Bundesministers für Gesundheit an Parlament, Parteien und Öffentlichkeit im letzten Gesundheitsausschuss abgelehnt.

Der Artikel ist in der heutigen Neuen Freien Zeitung erschienen.


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